„Das Miteinander bei der HSG ist etwas Besonderes“

Interview mit Neuzugang Joscha Ritterbach

05.04.2023

Anfang März ging es schnell: Jaime Fernandez wechselte wegen einer schweren Verletzung des etatmäßigen Montpellier-Linksaußen nicht erst nach Ablauf der Spielzeit, sondern mit sofortiger Wirkung zum französischen Spitzenclub. Und Joscha Ritterbach (29), mit dem sich die HSG-Verantwortlichen mit Blick auf den Sommer ohnehin schon beschäftigt hatten, rückte früher als gedacht in den Fokus. Da er vertragslos war, konnte er direkt verpflichtet werden, hat einen Vertrag bis zum Ende der kommenden Saison unterschrieben und inzwischen seine ersten Spiele im roten Trikot absolviert. Wir sprachen mit Joscha Ritterbach über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft:

Hallo Joscha, lass uns zu Anfang kurz deine bisherigen Stationen durchgehen …

„Gern, ich stamme aus Lengerich in Westfalen. Das ist meine Heimat, meine Familie lebt da und ich bin immer gern zu Hause. Dort fing ich mit dem Handball an und ging mit 14 zum nahe gelegenen TV Emsdetten. Als ich dort in der C-Jugend war, spielte Luca de Boer übrigens bei den B-Junioren. Mit 15 zog ich dann schon von zu Hause aus und ging für zwei Jahre aufs Sportinternat nach Dormagen. Dort wohnte ich allein, doch schon bald lernte ich auch das WG-Leben kennen."

Du meinst deine Zeit in Lemgo, richtig?

„Ja, eine Zeitlang wohnte ich mit Georg Pöhle, der in meinem zweiten Jahr neu dazukam, und Philipp Vorlicek zusammen in einer WG. Und Julian Possehl war ja auch schon länger beim TBV. Mit allen habe ich in Lemgo zusammengespielt, entweder bei den Junioren oder auch schon mal bei den Profis. An die Zeit habe ich beste Erinnerungen und noch viele Freunde dort. Die Reha nach meiner Verletzung in der letzten Saison habe ich dann ja ebenfalls in Lemgo gemacht, wie Lucas Firnhaber übrigens jetzt auch."

Und quasi zeitgleich mit Julian Possehl bist du dann nach Hamm-Westfalen gewechselt …

„Das stimmt, und auch Georg Pöhle stand ja eine Zeitlang mit Doppelspielrecht für den ASV auf der Platte. Ich selbst blieb drei Jahre und es war eine schöne und erfolgreiche Zeit in der Zweiten Liga."

Und dann bist du „aufgestiegen" …

„Ja, ich bekam unter Magnus Andersson die Chance, bei Frisch Auf Göppingen nicht nur Erste Liga, sondern auch international zu spielen. Also ging ich zum ersten Mal weiter aus der Heimat weg und hatte im Süden auch zwei gute Jahre – später dann auch unter dem gerade leider verstorbenen Rolf Brack. Dann meldete sich 2019 GWD Minden, wo Frank Carstens schon Trainer war. Das Angebot war sehr interessant, und im Nachhinein kann ich sagen, dass ich in Minden eine überragende Zeit hatte – und das trotz Corona. Der Verein wird familiär geführt, wir hatten eine intakte Mannschaft – alles hat gepasst."

2021 gab es dann einige Veränderungen in Minden, und du bist wieder in die Zweite Liga gegangen …

„Das stimmt, vor der letzten Saison ging ich zum VfL Lübeck-Schwartau. Doch schon zu Beginn der Saison – es war Anfang Oktober – riss ich mir zwei Sehnen im Adduktorenbereich. Ich musste operiert werden und fiel monatelang aus. Wie schon gesagt, habe ich meine Reha anschließend in Lemgo gemacht, worüber ich sehr froh und wofür ich sehr dankbar bin. Mit den Physios war ich ja noch von früher befreundet und sie machten einen tollen Job, sodass ich nach meiner recht seltenen Verletzung schon recht früh wieder Handball spielen konnte. Im Frühjahr war ich wieder zurück auf der Platte und konnte noch einige Spiele für Lübeck absolvieren."

Am letzten Spieltag hast du ja auch gegen die HSG noch fünf Tore geworfen. Doch in Lübeck zu bleiben, war keine Option für dich?

„Ich lasse auf die Trainer – in meiner Zeit kam ja ‚Schorle' Roth für Pjotr Przybecki – und die Mitspieler nichts kommen, das war schon super. Doch insgesamt hat es für mich in Lübeck nicht gepasst. Vor der laufenden Saison hatte ich dann einige Anfragen, doch das Paket hat jeweils nicht gestimmt, und ich wollte nicht ‚irgendwo' spielen, sondern dort, wo möglichst professionell gearbeitet wird. Also habe ich so lange bei der SG Ibbenbüren mittrainiert und mich ansonsten selbst fitgehalten."

Bis dann die HSG auf dich zukam …

„Wir hatten mit Blick auf den Sommer schon Kontakt gehabt. Dann verletzte sich der französische Linksaußen in Montpellier, ich traf mich mit Daniel Kubes, und so kam dann alles ins Rollen. Die ganzen Jungs kannte ich ja fast alle schon. Entweder hatten wir schon zusammengespielt, oder auch viele Male gegeneinander."

Wie ist dein Eindruck von der Mannschaft?

„Es ist eine tolle Truppe mit einer super Arbeitsmoral. Alle sind sympathisch, helfen sich gegenseitig, coachen sich und geben Tipps. Davon habe ich von Anfang an profitiert."

Sag gern noch mehr Gutes über die HSG Nordhorn-Lingen!

„Der Verein wird familiär und trotzdem sehr professionell geführt. Das Miteinander – nicht nur in der Mannschaft, sondern auch drumherum – ist etwas Besonderes. Das gilt für die Geschäftsstelle, den ganzen Staff – es sind überall Leute da, die einen unterstützen. Ich weiß das sehr zu schätzen."

Das hört sich gut an! Und wie verliefen deine ersten Tage und Wochen sportlich?

„Vor dem Spiel bei Motor Zaporizhzhia hatten wir ja ein paar Tage Zeit, was gut war. Die Partie war dann eine Art ‚Probedurchlauf', bevor es direkt gegen Lübeck ging. Ich habe mich natürlich gefreut, die Jungs wiederzusehen, doch leider haben sie am Ende auch die Punkte mitgenommen."

Als du dein erstes Tor im Euregium geworfen hast, bist du richtig „abgegangen", wenn ich das mal so sagen darf – und die Halle hat regelrecht gebebt …

„Das bin ich, 100 % Joscha. Dass die Halle ‚gebebt' hat, wie du sagst, habe ich so nicht mitbekommen, doch die Leute können sich darauf verlassen, dass ich immer alles geben werde."

Die Linksaußen-Rolle teilst du dir ja jetzt mit Lasse Seidel. Wusstest du, dass dein Vor-Vorgänger auf dieser Position – Pavel Mickal – am selben Tag Geburtstag hat wie du und genau zehn Jahre älter ist?

„Nein, das habe ich nicht gewusst. Also haben am 31. Januar ja nur gute Leute Geburtstag. Trainer Jaron Siewert gehört auch dazu – und Justin Timberlake (lacht)."

Vielen Dank für das Interview, Joscha! Im Namen aller HSG-Fans wünschen wir dir weiter einen gelungenen Start und sowohl privat als auch sportlich von Herzen alles Gute in Nordhorn und Lingen!