„Ich bin jetzt wieder Fan der HSG!“

Interview mit Alex Terwolbeck

05.07.2024

„Ich bin jetzt wieder Fan der HSG!" – Interview mit Alex Terwolbeck

Einige Wochen nach dem Saisonfinale, bei dem nicht nur unser langjähriger Kapitän verabschiedet wurde, und vor dem Trainingsauftakt des runderneuerten HSG-Teams sprachen wir mit Alex Terwolbeck über Gegenwart und Zukunft.

Hi Alex, dein letztes Spiel im roten Trikot war am 1. Juni, und seit dem 1. Juli bist du nun auch nicht mehr bei der HSG angestellt. Wie läuft's bei dir?

„Wir sind gerade aus dem Urlaub in Südtirol wieder da, und es geht mir gut. Wobei wir gerade etwas Umzugsstress haben."

Erzähl mal, wohin zieht es dich – mit Freundin Jana und Sohn Johan? Und wie geht es beruflich für dich weiter?

„Mein Lehramtsstudium ist mit dem Bachelor und Master, die ich in Münster gemacht hatte, beendet. Im Herbst fange ich mit dem Referendariat an – Sport und Deutsch für berufliche Schulen – und zwar in NRW. Das Studienseminar wird in Bielefeld sein, und ich habe ganz gute Hoffnung, dass ich ein Berufskolleg in Ostwestfalen zugewiesen bekomme, das auch nicht so weit von unserem Wohnort entfernt sein wird."

Und wo werdet ihr wohnen?

„In Großenheidorn am Steinhuder Meer. Das liegt vor den Toren Hannovers. Einige ältere Handball-Fans kennen das handballverrückte Dorf vielleicht sogar, denn auch die HSG hat in den 90ern mal hier gespielt. Der MTV war letzte Saison noch in der 3. Liga. Es ist der Heimatort meiner Freundin. Hier lebt ihre Familie, und sie hat hier auch mit dem Handball angefangen. Später spielte sie – im Gegensatz zu mir (lacht) – für mehrere Vereine und stieg mit Celle sogar in die 1. Liga auf. Über Auswahlmannschaften haben wir uns damals kennengelernt. Sie ist seit Jahren Lehrerin in Stadthagen und steigt dort nach der Elternzeit im Herbst wieder ein."

Und mit welchen Gefühlen blickst du auf dein bevorstehendes Referendariat?

„So ganz realisiert habe ich es noch nicht, dass ich im Herbst damit anfange. Doch ich freue mich drauf! Die Praxisphasen an der Uni sind ja relativ kurz und liegen auch schon einige Zeit zurück. Es darf also wirklich bald damit losgehen, dass ich als Lehrer arbeite."

Siehst du dich in erster Linie als Sportlehrer? Und welche Sportarten außer Handball liegen dir besonders – und umgekehrt?

„Ja, natürlich nicht ausschließlich, doch das Fach Sport hat für mich schon eine gewisse Priorität. Welche Sportart mir vielleicht nicht ganz so liegt, ist am ehesten das Schwimmen. Und auf der anderen Seite glaube ich, dass ich ganz gut Fußball spielen kann – auch wenn der ein oder andere ehemalige Mannschaftskollege das wahrscheinlich anders sieht. (lacht selbst)."

Schaust du dir auch die EM an?

„Ja, klar. Ich bin nicht so ein riesiger Fußballfan, doch bei der EM bin ich am Fernseher natürlich voll dabei."

Mit dem Auto werden es vom Steinhuder Meer rund zwei Stunden bis nach Nordhorn sein ...

„Ja, und das ist nach der langen Zeit auch erstmal so gewollt. Ich möchte auch an einer Schule arbeiten, wo ich nicht direkt und in erster Linie als Handballer wahrgenommen werde. Auf der anderen Seite ist es nah genug dran, dass ich noch oft genug in Nordhorn sein werde."

Bevor wir dazu kommen – lass uns nochmal kurz auf den Tag deines letzten Spiels zurückblicken. Was kommt dir in den Sinn, wenn du dich daran erinnerst, was am 1. Juni in der EmslandArena passiert ist?

„Es fing schon vor dem letzten Heimspiel im Euregium an – das war schon die erste ‚Hürde' für mich. Schon da war ich aufgeregt, aber 14 Tage später in Lingen dann noch mehr. Ich wusste nicht, wie ich das emotional hinbekomme, und auch nicht, was für mich und die anderen vorbereitet worden war. Und Handball mussten wir auch ja auch noch spielen und wollten unbedingt gewinnen. Am Ende kann ich sagen: So schön, wie es war, hatte ich es mir gar nicht ausgemalt. Es war eine würdige, toll organisierte Verabschiedung, für die ich allen Beteiligten sehr dankbar bin."

Mit Eike Rigterink und Hannes Hombrink hielten zwei frühere HSG-Spieler eine „Laudatio" für dich. Sie sind mehr als ehemalige Mannschaftskameraden, oder?

„Ja, viel mehr. Erst einmal war ich total überrascht, dass die beiden plötzlich das Mikrofon in der Hand hielten. Und dann hat es mir einmal mehr gezeigt, was der Handball mir in all den Jahren alles gegeben hat. Ich habe Freunde kennengelernt, mit denen ich über den Sport hinaus alles durchlebt habe. Alle haben eine gute schulische, berufliche und sportliche Laufbahn absolviert und wir haben niemanden auf der Strecke gelassen. Gerade auch die Bindung zu meinen Mannschaftskollegen, mit denen ich damals angefangen habe, Handball zu spielen, ist bis heute ganz stark geblieben. Zudem haben es aus unserem Jahrgang 1990/91 mit Matze Poll, Hannes Hombrink, Eike Rigterink und mir vier Spieler in den Profi-Handball geschafft. Das Profitum ist für mich wie ein Bonbon obendrauf, doch das Wichtigste ist die Gemeinschaft – natürlich auch mit vielen weiteren, die nicht Profis geworden sind. Bis heute treffen wir uns kurz vor Weihnachten immer alle in Nordhorn und sind auch das ganze Jahr über in Kontakt, obwohl nicht alle in Nordhorn leben."

Heute bist du ein Vorbild für junge Handballer, selbst einmal so einen Weg zu gehen ...

„Dafür ist der Profi-Handball immens wichtig. Wir haben damals mit dem Handball angefangen, weil es Mitte der 90er den großen Aufschwung der HSG gab. Die Spieler waren für uns Vorbilder. Wir waren bei allen Spielen und wollten so sein wie unsere Idole. Ich bin davon überzeugt, dass unsere Mannschaft auch heute noch der Hauptantrieb für viele Kinder ist, sich auch für diesen Sport zu begeistern. Dafür lohnt es sich, den Profi-Handball in Nordhorn und Lingen zu unterstützen."

Direkt nach dem letzten Spiel gegen Minden und der Verabschiedung, über die wir gerade gesprochen haben, ging es auf Mannschaftsfahrt nach Mallorca. Wie war's?

„Sehr gut, wir hatten dort wieder eine Menge Spaß. Auf der Rückfahrt saßen wir ‚Älteren', die nach dem Sommer nicht mehr dabei sind, dann im Auto zusammen. Und es fühlte sich so an, als ob wir uns wie immer sechs Wochen später zum Trainingsauftakt wiedersehen. Darüber haben wir gelacht, aber waren auch ein bisschen wehmütig. Klar war die Saisonvorbereitung immer hart, doch wir werden sie in diesem Sommer vermissen. Gerade in dieser Zeit haben wir immer viel gemeinsam erlebt, Teambuilding gemacht und hatten eine zwar anstrengende, aber auch lustige Zeit zusammen."

Für die neue HSG-Mannschaft sind ja nicht nur der Trainingsauftakt am 24. Juli, sondern auch die ersten Vorbereitungsspiele schon terminiert ...

„Die Testspiele habe ich im Kalender schon ‚geblockt' und werde sie mir nach Möglichkeit in der Halle anschauen. Ich bin jetzt wieder Fan der HSG. Das war ich auch als Spieler, die HSG war immer viel mehr als nur ein Job für mich. Und darauf, die Spiele anzuschauen, habe ich jetzt voll Bock. Die erste Pokalrunde ist in Braunschweig, auch die Spiele in Minden und Lübbecke sind von Großenheidorn nicht weit weg. Und mal schauen, wie ich es schaffe, zwischendurch auch zu den Heimspielen zu kommen. Am Bildschirm sehe ich sie mir auf jeden Fall an. Mein Verein ist die HSG."

Und wie schaust du auf die neue Saison des Teams unter dem neuen Trainer Mark Bult?

„Es wurden tolle Spieler und tolle Charaktere verpflichtet, und ich freue mich, von außen zu beobachten, wie daraus eine Mannschaft wird. Das braucht natürlich Zeit, die man den Jungs auch geben sollte. So einen Umbruch habe ich 2009 selbst miterlebt, als es bei der HSG nach dem Abstieg wieder ziemlich von vorn losging. Das war eine sehr spannende Zeit, denn wir waren viele junge Spieler, die einfach Lust auf Handball hatten und sich weiterentwickeln wollten. Und auch jetzt bin ich total gespannt, zum Beispiel auf den jungen Isländer Erlingsson, der meine Position spielen wird. Oder auf Frieder Bandlow, der übrigens in der Blumensiedlung wohnen wird, nur einen Steinwurf von meinem Elternhaus entfernt. Er ist ein interessanter Spielertyp, mit dem ich selbst gern mal zusammengespielt hätte."

Lieber Alex, vielen Dank für das Gespräch. Von Herzen alles Gute für den bevorstehenden Umzug sowie das Referendariat. Und: Bis bald und auf Wiedersehen in der Halle!