Souveräner Tabellenführer kommt am Samstag nach Lingen

HSG will nach Niederlage in Dessau Reaktion zeigen

07.04.2023

Bei dem Gedanken, dass nach dem heftigen Nackenschlag beim Tabellennachbarn in Sachsen-Anhalt nun ausgerechnet der unangefochtene Spitzenreiter nach Lingen kommt, mag mancher denken: „Ausgerechnet!" Doch womöglich ist es von Vorteil, dass unsere HSG die Chance hat, gerade gegen den HBW Balingen-Weilstetten zu beweisen, dass das in Dessau gezeigte nicht ihr wahres Gesicht war. Beim Anwurf um 19:30 Uhr in der EmslandArena geht es bei null los, und zweifellos werden alle, die es mit der HSG halten, ihr Bestes geben, um den Coup zu landen. Und damit rein in den Gegner-Check-Vorbericht:

Der Bundesliga-Absteiger hat mit 43:9 Punkten in der bereinigten Tabelle schon sieben Zähler Vorsprung auf einen Platz, der nicht zum Wiederaufstieg berechtigt. Schon fünf Unentschieden (die meisten in der Liga) und erst zwei Niederlagen stehen zu Buche. Was die selbst erzielten Tore angeht, gibt es noch fünf Mannschaften, die bis dato noch erfolgreicher gewesen sind als die Gallier von der Alb. Bei den Gegentoren ist hingegen nur Eisenach besser, unsere HSG folgt in diesem Ranking ganz knapp hinter Balingen auf Platz 3.

Schauen wir zunächst in die Performance dieser Saison: Auffällig ist, dass die Gallier bis zum 8. Spieltag schon fünfmal mit nur einem Tor Vorsprung gewannen. Anfang November folgte dann das 29:24 gegen unsere HSG. Nach einer miserablen ersten Halbzeit kam die klare Leistungssteigerung für unsere Mannschaft nach der Pause zu spät. Fernandez und Lindberg hatten fünfmal getroffen, auf der Gegenseite war Gretarsson am erfolgreichsten (11/6). Auffällig: Vier Zeitstrafen der Gastgeber standen gleich acht auf Seiten der HSG gegenüber.

Am 11. Spieltag folgte für den HBW dann das erste Remis in Dessau, den Ort, an den wir seit Kurzem so schmerzliche Erinnerungen haben. Remis spielten die Blau-Roten dann noch in Eisenach und Bietigheim, bevor Aufsteiger Potsdam kurz vor Weihnachten das Husarenstück gelang, in Balingen mit +1 und bis in die Schlusssekunden äußerst knapp zu gewinnen.

2023 begann erneut mit einer Heimniederlage. Beim -4 gegen den HC Elbflorenz hatten die Gallier offensichtlich keinen Zaubertrank getrunken. Von einer „völlig desolaten Leistung" war anschließend die Rede. Damit ist nun auch klar, dass Balingen auswärts in dieser Spielzeit noch nicht verloren hat – bis jetzt.

Zurück zum Saisonverlauf: Den Schalter legte der Tabellenführer schnell wieder um. An den folgenden sieben Spieltagen gab es nur noch ein Remis in Lübeck – und ansonsten ausschließlich deutliche Siege, am schlimmsten erwischte es den TV Hüttenberg (+15). Doch beim letzten Gastspiel in Essen stand wieder Remis auf der Anzeigetafel (21:21), das der TuSEM sich in letzter Sekunde sicherte. Der HBW konnte einen +3-Vorsprung (59. Minute) nicht halten. Am letzten Sonntag war Balingen dann zurück in der Spur: Gegen Schlusslicht Wölfe Würzburg gab es einen klaren +7-Sieg – „glanzlos", wie anschließend verlautete.

Wie kann es also gehen? Der TuSEM kaufte den Galliern den Schneid mit einer sehr aggressiven 6:0-Deckung ab. Das hatte die HSG in Essen auch schon erlebt – doch sie kann es selbst auch sehr gut, wie wir wissen. Voller Einsatz, Körperkontakt, dahin gehen, wo es wehtut – nicht umsonst gehört die Defensive unseres Teams zu den besten der Liga (siehe oben). Und wenn dahinter unsere Keeper wieder an schon so oft gezeigte Leistungen anknüpfen können, dann ist auch am Samstagabend einiges möglich.

Blicken wir nun auf das Personal der Gallier von der Alb. So nennen sie sich seit einem Sieg gegen den THW Kiel im Jahr 2009. Trainer ist seit 2017 die Vereinslegende Jens Bürkle, der vorher auch schon lange Jahre das rot-blaue Trikot getragen hatte – übrigens auch an der Seite von Wolfgang und Martin Strobel. Nach dessen Karriereende vor vier Jahren hatte es Anfang 2023 noch ein Abschieds- und Benefizspiel in Balingen gegeben, bei dem auch Daniel Kubes mit dabei war. Bürkle hat seinen Vertrag bereits bis 2025 verlängert.

Im Tor steht allermeistens Simon Sejr Jensen. Der Däne hat eine annähernd so gute Quote wie unsere beiden Keeper. Kapitän und Abwehrchef ist Felix Danner, der zuletzt jedoch zweimal fehlte. Bester Torschütze ist eindeutig der isländische Linksaußen Oddur Gretarsson, der uns schon im Hinspiel sein Können demonstrierte. Er steht auf Platz 5 der Torjägerliste (167/74), seine Trefferquote (fast 80 %) ist ligaweit nahezu unerreicht. „Dreistellig" ist darüber hinaus noch Rechtsaußen Moritz Strosack (100/1), der im Sommer nach Leipzig wechselt. Darauf folgt Vize-Kapitän Jona Schoch (Rückraum, 91). Alle drei sind übrigens wie ihr Trainer schon seit 2017 im Team.

Die vielen Tore der Balinger teilen sich ansonsten recht gut auf. Wir nennen an dieser Stelle noch Daniel Ingason (Rückraum, 79) und Kreisläufer Tobias Heinzelmann (61). Für die Spielmacherposition ist Lukas Saueressig verantwortlich, der ebenfalls schon im sechsten Jahr für die Erste der Gallier aufläuft. Wir stellen also fest: Das Team weist nicht nur viel Erfahrung auf, sondern auch jede Menge Identifikation mit dem Verein – auch das sehen wir als Parallele zu unserer HSG Nordhorn-Lingen.

Und die braucht sich am Samstag nicht zu verstecken. Sicherlich ist der HBW Balingen-Weilstetten favorisiert, doch unser Zwei-Städte-Team ist zweifellos in der Lage, dem Spitzenreiter wehzutun und etwas Zählbares in der heimischen Arena zu behalten. Wir freuen uns drauf und sind als Fans wieder dabei!

PS: Die letzten beiden Heimspiele gegen Balingen hat unsere HSG gewonnen – kurz vor Weihnachten 2020 (Meisterschaft) und im Oktober 2021 (Pokal). Beide Partien fanden in Lingen statt. Aller guten Dinge sind drei!